Informationsmail 46 der Plattform Freiwilligkeit vom 23.1.20

Dieses Schreiben ist heute an alle Abgeordneten zum NÖ Landtag, alle Nationalratsabgeordneten aus Niederösterreich sowie unseren Presseverteiler ergangen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die kassenärztliche Versorgung ist durch einen Stellenplan geregelt, der als Teil des Gesamtvertrags auf die Bevölkerungsanzahl abgestimmt ist. Denn Kassenstellen sind nur dann kostendeckend zu betreiben, wenn eine gewisse Mindestauslastung herrscht. Die Kassenärztinnen und -ärzte dürfen auf diesen Stellenplan als Vertragsbestandteil vertrauen. Ein Abweichen davon würde zu wirtschaftlichen Problemen führen. Aus gutem Grund wurde daher zwischen der NÖÄK und der NÖGKK im Rahmen des Basispapiers zur Primärversorgung vereinbart, dass die Projekte selbstverständlich in den vorhandenen Stellenplan für Allgemeinmedizin einzugliedern sind.

Mit großem Erstaunen habe ich diese Woche vernommen, dass die ÖGK nun in Mauer bei Amstetten eine Primärversorgungseinheit plant. Mauer besitzt gerade einmal eine einzige Kassenstelle für Allgemeinmedizin, die sich seit Jahren nicht besetzen lässt, weil sie offensichtlich zu klein für ein wirtschaftlich rentables Arbeiten ist. Nun soll dort eine PVE entstehen, die allein für den vorgesehenen Mindestbetrieb mit einem einzigen ständig anwesenden Arzt das Äquivalent von drei Kassenstellen an allgemeinmedizinischer Kapazität zur Verfügung stellen würde.

Einmal ganz abgesehen von den Vergünstigungen und Subventionen, die PVE im Vergleich zu Einzelpraxen oder Gruppenpraxen genießen: Dieses Projekt würde sämtliche allgemeinmedizinischen Kassenstellen im Umkreis von 20 Kilometern wirtschaftlich gefährden und möglicherweise sogar existenziell ruinieren.

So sieht die Sicherung der hausärztlichen Versorgung sicher nicht aus. Sollte dieses Beispiel Schule machen, kann sich kein Allgemeinmediziner in Niederösterreich mehr sicher sein, nicht von heute auf morgen vor den Trümmern seiner wirtschaftlichen Existenz zu stehen. Erwarten Sie allen Ernstes, dass sich Jungmediziner in Zukunft noch für eine Kassenstelle interessieren, wenn Existenzen von heute auf Morgen durch politische Willkür im Gegensatz zu Vernunft und Fakten zerstört werden?

Ich bitte Sie, ihre politische Kraft im Sinne der medizinischen Versorgung der Bevölkerung einzusetzen. Und zwar indem Sie Projekte dieser Art verhindern, und stattdessen dafür sorgen, dass die Allgemeinmedizin im Kassenbereich etwa durch einen medizinisch sinnvollen und gleichzeitig kostendeckenden Leistungs- und Honorarkatalog sowie durch bürokratische Entschlackung gefördert wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Oliver Rückert,

Obmann Ärzteinitiative der Plattform Freiwilligkeit

www.plattform-freiwilligkeit.at