Presseaussendung vom 31.8.20

Das Rätsel des angeblichen Ärztemangels ist wohl gelöst

ÖGK gesteht indirekt ein, dass man mit Kassenhonoraren allein kein angemessenes Einkommen erzielen könne

An den Verdienstmöglichkeiten könne der Ärztemangel nicht liegen, meinten ÖGK-Generaldirektor Mag. Berhard Wurzer und ÖGK-Landesstellenleiter für Tirol Dr. Arno Melitopulos-Daum laut Bericht der TT vom 25. August 2020 anlässlich eines Besuchs von Dir. Mag. Wurzer in Tirol. „Abgesehen von den Leistungen an heimischen Patienten, welche die Kasse abrechnet, würden Tiroler Hausärzte bis zu 50 Prozent des Gesamteinkommens mit Privathonoraren speziell in Tourismusorten verdienen. Ein niedergelassener selbstständiger Arzt verdiene mehr als dessen Kollege mit Anstellung im Spital“, wird in der TT zitiert.

„Das ist für mich im Umkehrschluss ein ganz klarer Beweis, dass Kassenhonorare allein nicht für ein angemessenes Einkommen von Hausärztinnen und Hausärzten ausreichen können“, so Dr. Oliver Rückert, Hausarzt und Obmann der Ärzteinitiative der Plattform Freiwilligkeit. „Und wer in Niederösterreich könne bei einem ähnlichen Kassensystem schon 50 Prozent seines Gesamteinkommens aus dem Tourismus lukrieren? Betuchte Touristen aus Übersee sind in den meisten Ordinationen Niederösterreichs absolute Mangelware. Und EU-Touristen müssen nach den gleichen Spielregeln behandelt werden wie Einheimische.“

Der Ärztemangel existiert, weil die Honorare als nicht angemessen erscheinen

So ist es aus Sicht von Dr. Rückert auch kein Wunder, dass von allen ausgeschriebenen Kassenstellen für Allgemeinmedizin in Niederösterreich 22 Stellen unbesetzbar sind. „Diese wurden bereits mehrfach ausgeschrieben, ohne dass sich auch nur ein einziger Bewerber gefunden hat.“ Ohne das Zusatzeinkommen aus dem Tourismus läge der Verdienst laut ÖGK wohl deutlich unter dem Verdienst angestellter Kolleginnen und Kollegen. „Glauben die Verantwortlichen allen Ernstes, dass Jungärztinnen und -ärzte sich das noch antun wollen, zumal sie ja dann auch noch die finanzielle Verantwortung für einen Betrieb übernehmen müssen?“

„Direktor Mag. Wurzer sieht auch keinen Zusammenhang zwischen Hausapotheken und der Nachbesetzung von Kassenstellen. Ich fordere ihn hiermit öffentlich auf zu erklären, warum wohl Stellen mit Hausapotheke mit wenigen Ausnahmen in ganz Österreich problemlos nachbesetzbar sind, während beispielsweise alle 22 unbesetzbaren Hausarztstellen in Niederösterreich keine ärztliche Hausapotheke führen dürfen“, so Dr. Rückert weiter. „Das ist ein weiterer ganz klarer Beweis, dass das Problem Ärztemangel nicht deshalb existiert, weil sich Ärztinnen und Ärzte vor der Freiberuflichkeit und dem Einzelkämpfertum fürchten. Das Problem Ärztemangel existiert, weil der Leistungs- und Honorarkatalog der ÖGK den Jungärztinnen und Jungärzten vor allem finanziell als nicht angemessen erscheint.“

Wiener Neustadt, 31.8.2020

Kontakt: Michael Dihlmann, 0664/1449894, info@plattform-freiwilligkeit.at