Presseaussendung vom 30.6.2020

Primärversorgung und ärztliche Honorarordnung – zwei Themenbereiche mit dringendem Handlungsbedarf

Die Corona-Krise hat sichtbar gemacht, welche gesundheitspolitischen Agenden im niedergelassenen Bereich umgehend verhandelt werden müssen

„Die Corona-Krise hat uns niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten schmerzlich vor Augen geführt, welche Qualität die bestehenden Rahmenbedingungen der ärztlichen Tätigkeit haben. Mein persönlicher Eindruck war, dass die Kassenverträge nicht dazu geeignet sind, unsere Arbeit während einer Pandemie abzubilden. Es war nicht möglich, kostendeckende Honorare zu erwirtschaften. Um ein genaueres Stimmungsbild der Kollegenschaft zu bekommen, haben wir daher im Juni eine Umfrage durchgeführt“, so Dr. Oliver Rückert, Obmann der Ärzteinitiative der Plattform Freiwilligkeit.

Die 160 teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte gaben im Schnitt an, in den Monaten März, April und Mai rund ein Drittel Umsatzminus gemacht zu haben. „Das entspricht bei fast vollen Betriebskosten einem Einkommensrückgang von zwei Drittel. Für manche kann das existenzbedrohend sein. Daher kann ich nur die Forderung wiederholen, die bereits vor einigen Wochen an die Politik gestellt wurde: Wir haben in dieser schweren Zeit dabei mitgeholfen, die Auswirkungen der Pandemie überschaubar zu halten, in dem wir unseren Ordinationsbetrieb aufrechterhalten haben. Und das muss finanziell ausgeglichen werden“, meint Dr. Rückert.

Dringende Neuausrichtung der Honorarordnung benötigt

Und genau jetzt ist es aus seiner Sicht daher auch an der Zeit, sich über die Zukunft der Honorarordnung im niedergelassenen Bereich Gedanken zu machen. „83 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für eine Neuausrichtung der Honorarordnung mit angemessener Honorierung in allen Situationen der ärztlichen Tätigkeit aus. Gerade einmal acht Prozent halten die Honorarordnung in der derzeitigen Form für passend.“ Wenn so eine Vereinbarung nur unter „Normalbetrieb bei Volllast“ einen kostendeckenden Betrieb in den Ordinationen gewährleisten kann, dann muss aus Sicht von Dr. Rückert dringend eine Änderung vorbereitet und eingeleitet werden.

Knapp neun Prozent der Teilnehmer sind der Ansicht, dass auch in Apotheken durch Apotheker geimpft werden können sollte. „Für mehr als 90 Prozent sollte Impfen den Ärztinnen und Ärzten vorbehalten bleiben. Der Großteil meint, dass auch Impfstoffe in den Ordinationen gelagert werden können sollten.“ Ebenso denken sieben von acht Teilnehmern, dass man generell das System der ärztlichen Hausapotheken ausweiten sollte. „Statt den Hochrisikopatienten die verordneten Medikamente gleich mitgeben zu können, müssen sie zur nächsten öffentlichen Apotheke gehen. In Bezug auf Infektionen ein absolutes Sicherheitsrisiko. Unter Umständen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dort Schlange stehen und damit nochmals dem maximalen Risiko einer Ansteckung mit dem Virus ausgesetzt sein.“

Sachliche Aufarbeitung des Themas Primärversorgung notwendig

Die Resultate zum Thema Primärversorgungseinheiten geben aus Sicht von Dr. Rückert wenig Anlass zur Freude. „Nur acht Prozent der Teilnehmer sehen einen Vorteil von PVE für Patientinnen und Patienten gegenüber Einzelordinationen oder Gruppenpraxen. 80 Prozent halten eine materielle und finanzielle Bevorzugung von PVE für kontraproduktiv. Die Hälfte der Teilnehmer ist sogar der Meinung, dass PVE generell die niedergelassenen Einzel- und Gruppenpraxen in ihrer Existenz gefährden.“

Dieses Ergebnis gibt ganz deutlich zu verstehen, dass dringend eine sachliche Aufarbeitung geboten ist. Dr. Rückert: „Hier ist meines Erachtens die Ärztekammer am Zug. Mit der derzeitigen Vereinbarung riskiert man den Fortbestand der echten Primärversorgung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Einzel- oder Gruppenpraxen und somit die Zukunft preiswerter, wohnortnaher medizinischer Versorgung.“

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30.6.2020

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